RIDER INTERVIEW – RICK STEFFEN

RIDER INTERVIEW – RICK STEFFEN

Rick Steffen ist Feuerwehrmann, Ultraradfahrer und jemand, der Herausforderungen liebt. Seit seiner Jugend ist er auf dem Rad unterwegs – vom NRW-Landeskader bis zu 24-Stunden-Rennen. Heute verbindet er seine Leidenschaft für Wettkampf und Abenteuer im Ultra-Cycling. Im Interview spricht Rick über Nervosität vor Rennen, mentale Stärke und warum er seine Zahnbürste lieber gleich zu Hause lässt.

Hi Rick, wenn dich ein Fremder bitten würde, dich in einem Satz zu beschreiben – was würdest du sagen?

So ein bisschen jung geblieben, so ein bisschen draufgängerisch, aber trotzdem organisiert und strukturiert in meinen Wettkämpfen.

Wie bist du in die Bikepacking- bzw. Ultrarenn-Szene gekommen?

Das war ein schleichender Prozess. Seitdem ich zehn Jahre alt bin, mache ich schon Radsport – und das auch wettkampforientiert. In der Schulzeit war ich im NRW-Landeskader, bin Bundesrichtungsrennen und Bundesligarennen gefahren und habe dann eine Ausbildung zum Feuerwehrmann gemacht.

Danach habe ich trotzdem weiter Radsport betrieben und viele MTB-Marathons gefahren. Später kamen Bikepacking-Touren und Radreisen dazu – vor allem im Winter, um Grundlage zu fahren. Ich hatte einfach Lust auf Abenteuer, auf das Gefühl, morgens loszufahren, abends irgendwo anzukommen, mit Zelt und Schlafsack draußen zu schlafen.

Irgendwann habe ich gemerkt: Es gibt ja Unsupported-Rennen – also die perfekte Verbindung zwischen Wettkampf und Abenteuer. Da ich meine Trainingsfahrten ohnehin immer weiter und länger gemacht habe, war das der logische Schritt. So kam eins zum anderen, und ich habe mich zu den ersten Unsupported-Rennen angemeldet. Davor bin ich viele 24-Stunden-Rennen gefahren, und dann ist das alles so entstanden.

Was fasziniert dich am Ultra-Cycling?

Das Alleinsein. Dass du Probleme bekommst, die du selbst lösen musst – und die Vorbereitung darauf. Ich liebe die Planung, um auf jede Eventualität perfekt vorbereitet zu sein. Aber gleichzeitig fasziniert mich, dass egal wie gut du vorbereitet bist, immer etwas Unvorhergesehenes passieren kann. Dann musst du improvisieren und Lösungen finden.

Also dieser Zwiespalt zwischen Race und Abenteuer – das macht’s aus.

Wie bereitest du dich mental auf so ein Rennen vor? Bist du noch nervös oder mittlerweile abgeklärt?

Nervös bin ich auf jeden Fall. Ich bereite mich extrem intensiv auf solche Rennen vor, weil ich für alles vorbereitet sein will. Mein Setup ist immer zu 100 % durchdacht und perfekt auf mich zugeschnitten.

Wenn man so viel Zeit und Energie in die Vorbereitung steckt, steht natürlich viel auf dem Spiel. Wenn du es dann – wie 2024 bei Badlands – nicht ins Ziel schaffst, ist die Enttäuschung groß. Nicht, weil ich meine Leistung nicht abrufen kann, sondern weil ich weiß, dass ein Sturz oder ein Materialproblem das ganze Rennen beenden könnte.

Früher, bei MTB-Marathons, war das anders: drei, vier Stunden fahren, Flaschen auffüllen, fertig. Beim Ultra-Cycling muss alles stimmen – Reifen, Luftdruck, Aerobars, Taschen, Ernährung, Flüssigkeit. Das ist unglaublich komplex, aber genau das reizt mich.

Wie wichtig ist das richtige Setup bei einem Ultrarennen?

Mega wichtig. Es gibt für mich drei Säulen: Leistung, Mindset und Setup. Und die sind alle gleich wichtig – also etwa 33 % jeweils.

Wie gehst du mit der Regeneration nach so langen Rennen um?

Das ist schwierig, weil ich einen normalen Job habe. Nach einem Rennen ist im Job oft viel los, und ich muss meine Stunden wieder aufholen. Ich arbeite bei der Feuerwehr – mit Nachtdiensten – und wenn du mehrere davon hast, schläfst du schlecht. Die Regeneration leidet darunter.

Gerade nach Badlands war viel los, da war an Erholung kaum zu denken. Wenn ich aber weiß, dass bald wieder ein Rennen ansteht, achte ich sehr darauf, mich zu entlasten. Aber es ist eben ein Jonglieren zwischen Hobby und Job. Ich bin kein Profi, sondern lebe ein normales Leben – das muss man ausbalancieren.

Wie lässt sich dein Vollzeitjob als Feuerwehrmann mit Ultra-Cycling vereinbaren?

Eigentlich ganz gut. Als Feuerwehrmann musst du ohnehin fit sein – das passt also perfekt. Mein Arbeitgeber findet es super, wenn man sportlich aktiv ist. Während des Dienstes haben wir Zeit, Sport zu machen, und das nutze ich voll aus.

Aber es gibt auch Nächte, in denen ich kaum schlafe, weil ein großer Einsatz läuft. Dann bin ich morgens komplett durch und Training ist keine Option. Es ist also ein ständiges Jonglieren – aber mit guter Organisation klappt das.

Gibt es Parallelen zwischen deinem Job und dem Ultra-Cycling?

Ja, auf jeden Fall. Im Einsatz bekommst du ein Problem vor die Füße geworfen und musst reagieren. Das ist beim Ultra-Cycling ähnlich – wenn du stürzt, einen Defekt hast oder etwas nicht läuft, musst du ruhig bleiben und eine Lösung finden.

Ob der Job mich direkt besser im Rennen macht, weiß ich nicht. Aber beide erfordern Ruhe, Fokus und Entscheidungsstärke. Ich glaube, ich bin einfach ein Typ, der solche Herausforderungen mag – und deswegen passen Job und Sport gut zusammen.

Hörst du während Training oder Rennen Musik oder Podcasts?

Im Training auf jeden Fall. Bei Grundlageneinheiten gerne Podcasts, bei harten Einheiten Musik mit gutem Beat – das pusht mich.

Im Rennen aber nie. Bei Badlands zum Beispiel war ich 36 Stunden komplett unter Strom. Musik hätte mich da eher abgelenkt. Ich brauche das nicht, bin dann voll im Tunnel.

Hast du ein Lieblingsessen am Abend vor dem Rennen?

Klar – aber eher nichts, was vor einem Rennen Sinn macht. Ich esse gerne Steak oder Rippchen, aber vor dem Start gibt’s funktionales Essen: Reis, ein bisschen Tomatensauce, fertig. Nicht mein Lieblingsgericht, aber das, was mich im Rennen weiterbringt.

Und während des Rennens – was funktioniert für dich am besten?

Ich fahre sehr gut mit Flüssignahrung. Bei Badlands hatte ich etwa 2,3 kg selbst angemischtes Maltodextrin-Pulver dabei. Das habe ich unterwegs mit Wasser gemischt und regelmäßig getrunken. Später kamen Cola, Donuts, Weißbrot, Gummibärchen dazu.

Aber alles war rein funktional – nichts Kulinarisches. Ich nehme nur das zu mir, was mich nach vorne bringt.

Hast du spezielles Equipment, das du immer dabeihast?

Nichts wirklich Außergewöhnliches. Ich achte vielleicht mehr auf Sitzhygiene als andere, weil ich da schnell Probleme bekomme. Desinfektionstücher sind Pflicht.

Ansonsten ist alles aufs Gramm optimiert. Ich habe jedes Teil einmal in der Hand gehabt und überlegt: Brauche ich das oder nicht? Zahnbürste abgesägt? Nee – gar nicht erst mitgenommen.

Gab es Ausrüstung, die du früher mitgenommen hast, heute aber weglässt?

Kleinigkeiten – vielleicht mal eine Powerbank oder einen Schlafsack, die ich am Ende nicht gebraucht habe. Aber im Grunde war mein Setup von Anfang an recht konsequent. Ich optimiere einfach ständig weiter.

Wie gehst du mit mentalen Tiefs während eines Rennens um?

Meine Tiefs hängen meist mit Müdigkeit oder Energieverlust zusammen. Dann nehme ich Koffeintabletten oder ein zusätzliches Gel – das hilft.

Ein mentales Tief ohne äußeren Grund habe ich selten. Wenn’s mir schlecht geht, liegt’s meist daran, dass etwas nicht funktioniert. Sobald ich das Problem gelöst habe, ist der Kopf wieder frei.

Welchen Rat würdest du Bikepacking-Einsteiger:innen geben?

Einfach machen. Anmelden und losfahren. Keine Angst haben – vor allem nicht vor den Leuten, die Rennen in 36 Stunden durchballern. Du musst das nicht schaffen. Du kannst fünf Tage unterwegs sein und einfach Spaß haben. Das ist völlig okay.

Wie sieht für dich ein perfekter Tag aus?

Nach einem Rennen, wenn ich das Ziel erreiche, das ist schon ziemlich perfekt. Aber auch unabhängig davon: morgens ausgeschlafen aufwachen, gutes Wetter, irgendwo am Meer oder in den Bergen, ein bisschen Sport machen, abends lecker essen – mit Familie, Freunden und meiner Frau. Das wäre ein perfekter Tag.

Gibt es noch ein Rennen oder eine Region, die du gerne erkunden würdest?

Ich mache gerne Radreisen. In Afrika war ich schon, in Amerika auch, aber Asien fehlt mir noch. Kirgisistan wäre spannend – vielleicht für ein paar Wochen Bikepacking, muss gar kein Rennen sein.

Ich plane nicht fix, was ich unbedingt machen will. Ich schaue einfach, welche Rennen zeitlich passen, und entscheide dann.

Was war dein schönster Moment auf dem Rad?

Bei Ultrarennen definitiv das Ankommen – der letzte Berg, die Abfahrt, das ist das Beste. Und im Training, wenn ich irgendwo in den Alpen oben ankomme und die Aussicht genießen kann. Das Ziel ist immer der schönste Moment.

 

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Credits Images: badlands.cc