Hellenic Mountain Race 2024 – Erfahrungsbericht von Fabian Wurm

Hellenic Mountain Race 2024 –  Erfahrungsbericht von Fabian Wurm

Meine Erfahrung beim Hellenic Mountain Race: Ein episches Bikepacking-Abenteuer

Ich habe vor kurzem am Hellenic Mountain Race teilgenommen, einem 870 km langen Rennen durch das Pindusgebirge in Griechenland. Wie für die von Nelson Trees organisierten Rennen üblich, führt auch dieses Event zu abgelegenen Orten und enthält mehrere Hike-a-Bike-Abschnitte. Mit fast 29.000 Höhenmetern war das Rennen eine echte Herausforderung.

Das Setting und die Strecke

Das Hellenic Mountain Race startet in Meteora, einem Ort, bekannt vom Transcontinental Race (TCR), und endet in Nafpaktos am Mittelmeer, etwa 120 km von Athen entfernt. Die Strecke führt durch die wilde und raue Landschaft des Pindusgebirges, bietet atemberaubende Ausblicke und extreme Herausforderungen.

Der Start: Hitze und Starkregen

Der Start des Rennens war geprägt von extremen Wetterbedingungen. Bei Temperaturen um die 32 Grad waren die ersten Anstiege besonders anstrengend. Ab 16 Uhr am ersten Tag wurden wir dann von einem heftigen Regen überrascht, der die ganze Nacht anhielt. Der Regen verwandelte viele der Trails in schwierige und gefährliche Passagen, die uns zwangen, unsere Räder zu tragen oder zu schieben. Der Plan, den ersten Checkpoint bei Kilometer 270 in einem Rutsch zu erreichen, war völlig utopisch. Viele von uns, mich eingeschlossen, legten sich vor eine Kirche mit einem großen Vordach, um wenigstens etwas Schutz vor dem Regen zu haben.

Ich hatte mich aufgrund der warmen Temperaturen am Vortag entschieden, meine Isomatte nicht mitzunehmen, was sich in dieser ersten, kühlen Nacht als Fehler herausstellte. Schlafen war unter diesen Umständen nahezu unmöglich.

Zweiter Tag: Aufgeben war keine Option

Am zweiten Tag führte die Strecke über rutschige Steintreppen und Flussquerungen, was die Herausforderung noch verstärkte. Zu diesem Zeitpunkt bemerkte ich, dass meine Bremsbeläge komplett heruntergefahren waren. Der Mix aus Wasser und Sand hatte die Beläge regelrecht abgeschliffen. Glücklicherweise hatte ich Ersatzbremsbeläge dabei. An einem kleinen Bistro konnte ich meine abgenutzten Bremsbeläge tauschen, was auch andere Fahrer taten. Kurz vor dem ersten Checkpoint gab es eine Hike-a-Bike-Section, die mich physisch sehr forderte, bis zum höchsten Punkt des Rennens, einem Bergsee. Die Abfahrt von dort bis zum Checkpoint war technisch, flowig und auch verdammt spaßig.


Am Nachmittag erreichte ich den ersten Checkpoint nach 287 km und einer Gesamtfahrzeit von etwa 33 Stunden und 43 Minuten. Hier konnte ich etwas essen und mich in einem Mehrbettzimmer etwas ausruhen, was dringend nötig war.

Dritter Tag: Atemberaubende Landschaften (169 km / 5077 m)

Um 2:30 Uhr startete ich in den dritten Tag. Die Strecke führte durch die schönsten Landschaften des Rennens. Vom ersten Checkpoint sah ich in den ersten drei Stunden nicht viel von der Landschaft, aber danach wurde es immer beeindruckender. Abgelegene Täler, tiefe Wälder und Highlands – es war alles dabei, was das Herz eines MTB-Fahrers höher schlagen lässt. Dieser Abschnitt bot perfekte Schotterfahrten und belohnte uns mit atemberaubenden Ausblicken.

Gegen 19 Uhr erreichte ich Checkpoint 2. Auch hier bot es sich an, ein warmes Essen und ein Bett zu nehmen. Zwei Stunden erholsamer Schlaf sind besser als vier Stunden im Biwaksack – das war der Plan. Das laute Mehrbettzimmer und die stickige Luft ließen mich allerdings nicht schlafen, daher entschied ich mich, um Mitternacht wieder zu starten.

Vierter Tag: Die schönste Nachtfahrt, die ich je hatte (204 km / 7000 hm)

Ich startete in die vierte Etappe mitten in der Nacht. Der Aufstieg auf einen Berg erinnerte mich stark an den Stelvio-Pass, nur eben auf Schotter. Der Anblick des aufziehenden Mondes hinter den Bergen war sehr emotional und beeindruckend für mich – mein Highlight des Rennens. Viele Stellen erinnerten mich eher an Nordamerika als an Griechenland: grüne Landschaften, Wälder soweit das Auge reicht und Spuren von Bären.

Nach 204 km und 7000 Höhenmetern fand ich einen Biwakplatz im Wald auf einem Weg.

Fünfter Tag: Gewitter im Gebirge und ein überraschendes Café

Die Nacht war sternenklar, und das Schlafen auf einem Waldweg war einfach herrlich. Nach etwa 1,5 Stunden im Biwak ging es weiter, noch immer mitten in der Nacht. Ein 20 km langer Asphaltanstieg stand bevor, den ich sehr locker anging. Während des Aufstiegs merkte ich, dass ich noch sehr müde war und entschied mich für einen Powernap am Straßenrand. Die Temperaturen waren mit 12 Grad sehr mild, daher ging das auch ohne Schlafsack. Passend zum Sonnenaufgang um 5:45 Uhr erreichte ich den Gipfel.

Die Abfahrt war kühl, und die Müdigkeit kehrte zurück. Unten im Ort gab es einen Checkpoint mit Sofas und Wolldecken – der perfekte Ort für einen erholsamen Schlaf von drei Stunden. Nach dem Checkpoint begann ein Abschnitt mit 170 km ohne Verpflegungsmöglichkeiten, daher war es wichtig, im Ort nochmal alles aufzufüllen.

Nach dem Checkpoint begann der Anstieg, und die Serpentinen schlängelten sich den Berg hinauf. Kurz vor dem Gipfel traf ich auf einen guten Freund, der Probleme mit seinem Reifen hatte. Während unserer Unterhaltung begann es zu donnern. Gewitter im Gebirge sind besonders unangenehm. In der extrem steilen und ausgesetzten Abfahrt setzte Regen ein, die Temperatur fiel, und ich begann zu zittern. Dumm nur, dass ich morgens meine Rettungsdecke weggeworfen hatte. In einer Ortschaft suchte ich unter dem Vordach einer Kirche Schutz, um meine nassen Sachen auszuziehen und nicht komplett auszukühlen. Von hier waren es noch 130 km ohne warmes Getränk ins Ziel – das schien mir sehr unangenehm. Aber selbst die nächste Möglichkeit, in ein Hotel zu gehen, war kaum erreichbar.

Der Regen schwächte ab, und ich setzte meine Fahrt fort. Der Weg war überwiegend ein Auf und Ab auf Asphalt, also sehr gut rollend. In einem Dorf stand ein Schild mit der Aufschrift „Café“ – und das war eines, das beste der Welt. Beim Betreten wurde ich begrüßt mit den Worten: „Hello Mr. Wurm, how are you?“ Es stellte sich heraus, dass die Besitzer ihres Organic Cafés das Rennen intensiv verfolgten. Tee, Kaffee und Sandwiches, alles, was das Herz begehrt.

Nach einer Stärkung ging es in einen Loop ins Tal und wieder hinauf ins gleiche Dorf. Die Verlockung war groß, aber es waren nur noch 100 km bis ins Ziel. Ich traf auf George und Jacob und fuhr mit ihnen in die Nacht. Jacob entschied sich für ein Biwak im nassen Wald, ich wusste, dass im nächsten Ort eine Kirche ist – Kirchen sind der perfekte Schlafplatz. George tat mir gleich und legte sich zu mir. In der Nacht hörten wir den Freilauf von Jacob, George sprang auf und fuhr ihm nach. Ich war zu müde und blieb eine weitere Stunde liegen.

Etwa 20 km später konnte ich Jacob und George im nächsten Biwak überholen und mit dem Sonnenaufgang Richtung Nafpaktos fahren.

Zieleinlauf: Ein unvergesslicher Moment

Nach insgesamt vier Tagen, 23 Stunden und 16 Minuten erreichte ich als 10. das Ziel in Nafpaktos. Das Gefühl, es geschafft zu haben, war überwältigend. Freunde und andere Teilnehmer empfingen mich am Ziel, und es war ein Moment voller Freude und Erleichterung.

Ausrüstung und Learnings

Für das Hellenic Mountain Race nutzte ich folgende CYCLITE-Taschen:

  • TOP TUBE BAG / 02 
  • FRAME BAG / 01 
  • SADDLE BAG / 01 
  • RACE BACKPACK 

Rückblickend hätte ich die kleinere Saddle Bag einsetzen können, aber die größere bot mir mehr Komfort beim Packen und die Möglichkeit, zusätzliche Ausrüstung mitzunehmen.

Wichtige Learnings:

  • Isomatte mitnehmen: Selbst wenn die Temperaturen zunächst warm erscheinen, kann es nachts sehr kalt werden.
  • Ausreichend Bremsbeläge: Der abrasive Schmutz kann die Beläge schneller abnutzen als erwartet.
  • Kenntnis des eigenen Fahrrads: Eine gute Vorbereitung und Wartung des Fahrrads sind unerlässlich.

Fazit

Das Hellenic Mountain Race war das bisher härteste und eindrucksvollste Rennen, an dem ich teilgenommen habe. Es stellte mich vor immense physische und mentale Herausforderungen und belohnte mich zugleich mit unvergesslichen Erlebnissen und atemberaubenden Landschaften. Dieses Rennen ist ein Muss für jeden, der nach einem echten Bikepacking-Abenteuer sucht.


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