Silk Road Mountain Race: Ein unvergessliches Abenteuer
Gastbeitrag von Lorenz Eimansberger
Bikepacking ist nicht nur ein Sport; es ist eine Lebenseinstellung, eine Reise, die uns durch atemberaubende Landschaften führt und unsere Grenzen herausfordert. Das Silk Road Mountain Race (SRMR) ist eines jener epischen Abenteuer, das Bikepacking-Enthusiasten auf der ganzen Welt fasziniert.
Vor über vier Jahren hörte ich zum ersten Mal von diesem legendären Rennen und konnte mir nicht vorstellen, dass es mich eines Tages selbst auf eine Reise durch Kirgistan führen würde.
Bevor ich meine eigene Bikepacking-Reise zum SRMR antrat, war mein Wissen über das Rennen von Bildern und Geschichten anderer Teilnehmer geprägt. Die erste Edition dieses mittlerweile legendären Rennens weckte in mir eine tiefe Sehnsucht nach Abenteuer und Wildnisromantik. Letztes Jahr, nach meiner Teilnahme am Supergrevet Wien-Berlin, entschied ich mich spontan für die Herausforderung und meldete mich für das SRMR an. Es war nicht nur das Rennen selbst, das mich anzog, sondern auch die Gelegenheit, meine Abschlussarbeit in Kirgistan zu erforschen.
Die Vorbereitungen waren intensiv. Meine Ausrüstung wurde sorgfältig ausgewählt, und ich verbrachte Wochen mit Training und Akklimatisierung. Doch selbst die beste Vorbereitung konnte mich nicht auf die atemberaubende Herausforderung vorbereiten, die das SRMR darstellen sollte.
Der Startpunkt war hoch in den Bergen, und ich stand zum ersten Mal in meinem Leben auf über 3000 Metern Höhe. Die dünnere Luft machte sich sofort bemerkbar, und ich spürte, wie meine Kräfte scheinbar im Tal zurückgeblieben waren. Um mich zu akklimatisieren, blieb ich zwei Tage vor dem Rennen im Gebirge. Es sollte sich als kluge Entscheidung erweisen, denn am ersten Tag des Rennens fühlte ich mich erstaunlich leistungsfähig. Es war surreal, neben bekannten Größen der Bikepacking-Szene die ersten 80 Kilometer in den Boden zu stampfen.
Doch das Glück währte nicht ewig. Ein unerklärlicher Ausfall meines tubeless Ventils brachte mich zum Anhalten. Ich versuchte verzweifelt, es wieder dicht zu bekommen, doch ohne CO2 war jede Anstrengung vergebens. Die Uhr tickte, und während ich meinen Schlauch wechselte, schien das gesamte Feld an mir vorbeizuziehen. Es war frustrierend, aber gleichzeitig ein Ansporn, wieder aufzuholen.
Am ersten Checkpoint angekommen, herrschte eine gute Stimmung. Vielleicht zu gut, denn der Aufruhr verhinderte, dass ich einschlafen konnte. Nach nur anderthalb Stunden Dösen ging es zurück in die Nacht. Pünktlich zum Morgengrauen überquerte ich als Zwölfter einen schneeglitzernden 3800 Meter hohen Pass.
Die Abfahrt war wie ein Traum, bis ein Platten alle Träume platzen ließ. Mein neuer Schlauch hielt nicht lange, und während ich ihn wechselte, überholte mich plötzlich Seb Breuer, den ich zuletzt an der Spitze des Rennens gesehen hatte. Die Überraschung lenkte mich ab, und ich fuhr mitten in ein Schlagloch. Der zweite Schlauch war hinüber, und ich musste feststellen, dass beide aufgrund langer Schlitze nicht mehr zu reparieren waren. Entmutigt informierte ich die Rennleitung und machte mich auf den Weg zu einer Tankstelle und dann in die Stadt, um neue Schläuche zu kaufen. Erschöpft erreichte ich am Ende des zweiten Tages eine Unterkunft, nachdem die Reifenaktion mehrere Stunden in Anspruch genommen hatte.
Doch meine Entschlossenheit war ungebrochen. In den nächsten Tagen warteten extreme Höhen und Abgeschiedenheit auf mich. Das Arabel Plateau erforderte das Tragen des Rades, gefolgt von 100 Kilometern Gegenwind und zahlreichen Flussüberquerungen. Das Tal, solang und einsam, wirkte magisch schön. Die erste Nacht im Zelt war frostig, und meine ultraleichte Isomatte ließ mich im Stich. Nichts schien auf dieser Tour seine Luft zu behalten! Mäßig erholt und mit eingefrorenen Schuhen ging es im Dunkeln weiter. Doch mit den ersten Sonnenstrahlen kehrte auch meine Motivation zurück, und ich fuhr ohne weitere Schwierigkeiten bis nach Naryn. Ich sah vertraute Gesichter wieder und überholte einige Mitstreiter. Nach Naryn führte der Weg erneut in die Hochebene. Mein Ziel war der Checkpoint, um einen warmen Schlafplatz zu ergattern. Doch die Erschöpfung war größer als die Motivation, und so verbrachte ich eine weitere unbequeme Nacht auf meiner luftleeren Isomatte.
Die nächsten Stunden waren hart, aber die unfassbare Landschaft vor mir gab mir Kraft. Der Checkpoint entpuppte sich als ein Jurtencamp unterhalb majestätischer Bergzinnen. Nach der berüchtigten Schiebepassage und weiteren Platten aufgrund von Stacheldraht ging die Reise weiter durch eine einsame Ebene an der chinesischen Grenze.
Die Höhen und Tiefen setzten sich fort, begleitet von beeindruckenden Landschaften und unerwarteten Pannen. Jeder Tag brachte neue Herausforderungen, aber auch Momente der Euphorie und des Staunens über die Schönheit der Natur.
Leider zwang mich eine Kombination von Gesundheitsproblemen dazu, das Rennen vorzeitig zu beenden. Obwohl ich traurig über das vorzeitige Ende bin, erkenne ich an, dass die Gesundheit oberste Priorität hat. Das SRMR war eine Lehrstunde, eine Reise, die mich an meine physischen und mentalen Grenzen brachte und mich gleichzeitig mit der unberührten Schönheit Kirgistans verband.
Mehr als einen Monat später bin ich immer noch in Kirgistan und schreibe meine Arbeit zu nachhaltigem Tourismus. Das SRMR mag vorerst pausiert haben, aber die Sehnsucht nach der offenen Straße und den Höhen und Tiefen des Bikepackings bleibt.
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