VIA Race Report – Interview mit Adam Bialek

VIA Race Report – Interview mit Adam Bialek

Adam Bialek hat sich beim VIA Race erneut der ultimativen Herausforderung gestellt. Nach seinem Sieg bei der letzten Ausgabe 2024 ging er 2025 als Titelverteidiger an den Start – mit dem Ziel, die knapp 4000 Kilometer lange Süd-Nord-Durchquerung Europas in weniger als neun Tagen zu bewältigen. Vom Start im süditalienischen Giovinazzo bis ins niederländische Amerongen warteten Regen, Stürze und starke Konkurrenz. Am Ende wurde es für Adam ein Rennen voller Tiefen, aber auch großer Stärke.

Wir haben ihn kurz nach dem Finish zum Gespräch getroffen.


Hi Adam! Erzähl gerne mal ein bisschen was über das VIA Race, an dem du kürzlich teilgenommen hast.

Das VIA Race ist ein rund 4000 Kilometer langes self-supported Ultradistanzrennen durch Europa, mittlerweile in der zweiten Edition. Es ist als Trilogie angelegt, und wir hatten jetzt sozusagen das zweite Kapitel von drei.
Nach meiner Teilnahme letztes Jahr, bin ich als Titelverteidiger angetreten. Gestartet wurde am letztjährigen Zielort Giovinazzo in Süditalien, das Ziel war Amerongen in den Niederlanden – also eine Süd-Nord-Durchquerung Europas mit einigen Umwegen.
Wie bei den meisten meiner Rennen gilt bei VIA freie Routenwahl, also Freerouting ohne vorgegebene Strecke. Vorgegeben waren allerdings die sogenannten Gates sowie zwei Refuges, die unterwegs anzufahren waren.

Hattest du einen festen Plan für Schlaf oder tägliche Kilometer?

Nicht wirklich. Ich hatte einen groben Fahrplan, wann ich wo gerne sein möchte. Die erste Schlafpause hatte ich mir in der Po-Ebene vorgenommen, nach der Durchquerung des Apennins.
Das musste ich schnell verwerfen, weil A: das Wetter schlecht war, B: ich am ersten Tag gestürzt bin und C: das Vorwärtskommen viel zäher war als erwartet. Von da an habe ich meine Tage sehr individuell geplant.
Bei der letzten Austragung hatte ich für die ersten 2000 Kilometer einen sehr konkreten Plan, weil es eine Schlüsselstelle gab, die ich zu einer bestimmten Zeit erreichen wollte – das hat damals super funktioniert. Dieses Jahr war es nicht nötig, dennoch mache ich mir immer gerne solche Fahrpläne. Der Gesamtplan lautete, das Ziel in unter neun Tagen zu erreichen.

War das Rennen für dich körperlich oder mental härter?

Es war sowohl körperlich als auch mental eines der härtesten, wenn nicht sogar das härteste Rennen, das ich je gefahren bin. Zum einen wegen der Wetterbedingungen: quasi täglich Regen, nasse Schuhe, ständiges Schlechtwetter. Das hat extrem an meiner Motivation genagt, weil ich äußerst ungern bei permanentem Regen unterwegs bin.
Zum anderen der Sturz am ersten Tag. Ich wusste sofort: Ich muss mich zusammenflicken, die Wunden reinigen, alles sauber halten, damit sich nichts infiziert – und das bei Regen. Ich wusste nicht, wie der Körper reagieren würde, wenn ich mit einer aufgeschlagenen Hüfte noch über eine Woche lang durch Europa fahren soll. Das hat mich enorm gefordert.

Was war demnach das Härteste für dich in diesen acht Tagen?

Mein Anspruch war, vorne mitzufahren. Die Kombination aus schlechtem Wetter, Sturz und starker Konkurrenz hat es unglaublich schwer gemacht.
Nach dem Sturz konnte ich mich Schritt für Schritt wieder nach vorne arbeiten. In Slowenien habe ich die Führung übernommen und sie für eine ganze Weile halten können. Aber die Konkurrenz war nie weit weg – das hat mich einerseits gepusht, andererseits meinem Körper sehr viel abverlangt.

Was war dein bestes Erlebnis während des Rennens?

Es ist immer wieder schön, neue Ecken zu erkunden – das ist wahrscheinlich der Hauptgrund, warum ich diese Rennen fahre.
Dieses Jahr war natürlich einiges dabei, das ich schon kannte: Alpenraum, Norditalien, Süddeutschland oder die Vogesen. Neu war für mich der Abstecher nach Slowenien. Dort war das Wetter passabel, ich war am Tag unterwegs und konnte die Gegend sehen – das ist nicht selbstverständlich. Besonders, weil ich dort die Führungsposition übernahm und merkte, dass ich trotz Verletzungen mithalten konnte.

Gab es Begegnungen mit anderen Fahrern oder Menschen am Straßenrand, die dir in Erinnerung geblieben sind?

Diese Begegnungen sind in der Regel sehr kurz, da ich im Rennmodus bin. Meist sind es kleine Gespräche mit Tankstellenpächtern oder wenn ich mal in einem Fahrradladen Öl brauche. Viel mehr ist da nicht.

Hast du unterwegs Musik oder Podcasts gehört?

Nein, das mache ich nie. Auf dem Rad will ich meine Umgebung wahrnehmen.

Wie war es schließlich für dich, im Ziel anzukommen?

Es war ein beschwerlicher Weg bis zum Ende. An Tag sechs hatte ich einen zweiten Sturz, wieder auf die rechte Seite. Die Wunden, die schon am Heilen waren, habe ich mir wieder aufgerissen. Ich dachte mir nur: Das kann doch nicht wahr sein. Normalerweise stürze ich nie, und dann gleich zweimal im selben Rennen. Das hat mich mental zurückgeworfen. Aber ich habe mich zusammengerissen, weitergemacht und lange die Führung gehalten – bis mich kurz vor Schluss Bruno, der extrem stark gefahren ist, doch noch eingeholt und überholt hat.
Wir kamen mit kleinem Abstand ins Ziel. Es war eine Befreiung, weil die gesamte Fahrt extrem beschwerlich war. Am Ende war es aber eine große Genugtuung, überhaupt das Ziel zu erreichen – nach zwei Stürzen.

Was war das Erste, das du im Ziel gemacht hast?

Schuhe und nasse Socken ausziehen. Das war das größte Übel die ganzen Tage.

Noch ein paar schnelle Fragen zum Abschluss

Drei Worte für das Rennen?
Hart, einzigartig, schön.

Was hättest du gerne zurückgelassen?
Eine Base-Layer-Hose, die ich nie benutzt habe.

Was hat dir gefehlt?
Eine dickere Jacke für die kalten, regnerischen Abfahrten.

Bestes Ausrüstungsstück?
Schlafsack und Beleuchtungs-Setup – beides essenziell.

Schlechteste Entscheidung?
In der vorletzten Nacht nur 1,5 Stunden zu schlafen – das habe ich am Ende deutlich gespürt.

Beste Entscheidung?
Vor dem Finale einen größeren Einkauf in der letzten Tankstelle zu machen. So konnte ich die letzten 300 Kilometer ohne Stopp durchziehen.

Lieblings-Snack?
Tankstellen-Sandwiches. Nicht immer super, aber gut transportabel.

Rückblickend, wie fühlst du dich mit der ganzen Erfahrung?
In den ersten Tagen war ich enttäuscht, die Führung kurz vor dem Ziel abgeben zu müssen. Mittlerweile bin ich sehr zufrieden, wenn ich sehe, mit welchen großen Abständen Bruno und ich vor dem Rest des Feldes ins Ziel gekommen sind – trotz zwei Stürzen.

Weißt du schon, was bei dir als Nächstes ansteht?
Für 2025 sind keine weiteren Rennen geplant. In meinem privaten Umfeld stehen jetzt Dinge an, die meine volle Aufmerksamkeit brauchen.

Danke für deine Zeit Adam! Gute Besserung und alles Gute für deine nächsten Abenteuer – auf und abseits des Rads.


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